Briefe an meinen Vati

 

Auch wenn mein Vati die irdische Welt verlassen hat, möchte ich ihm noch so viel sagen, erzählen und gestehen - und wo geht das besser als hier - über's Internet


 

25. November 2009

 

Lieber Vati!

Worüber ich schon lange nachdenke und ich nie erfahren werde: Warum hast Du mir den Kosenamen „Muckefuck“ gegeben? War ich für Dich immer so aufweckend wie ein Kaffee? Vati, Du fehlst mir so sehr!!!

Ich liebe und vermisse Dich.

Bussi

Irene

 

04. Juni 2009

 

Lieber Vati!

Alles Gute zum Geburtstag! Daß ich jeden Tag an Dich denke brauche ich denke ich nicht erwähnen. Geständnisse hätte ich schon noch und ich verspreche Dir, sie kommen as soon as possible!

Bussi

Irene

 

30.09.08

Lieber Vati!

 

Wie ich Deine alten Unterlagen durchgesehen habe, vielen mir auch die Scheidungs- und Sorgerechtsdokumente in die Hand. Da sah ich, daß Du meinetwegen ordentliche Scherereien hattest, weil ich mich oft weigerte meine Mutter zu besuchen. Du hast aber nie etwas gesagt, nie geschimpft, sondern es zulassen. Wie ich mit ca. 7 oder 8 Jahren von der Dame des Jugendamtes befragt wurde, ob ich gerne zu ihr fahre und so habe ich natürlich brav ja gesagt. Und beim Jugendgericht, wo sie fragten, wie oft ich sie besuchen wollen würde, na das war was. Sie war dabei und Du und die Großeltern haben mich zu gut erzogen. Man stellte mir ungefähr folgendes zur Auswahl: alle 2 Wochenenden, 1x im Monat, zu jedem Anlaß oder 1x jährlich. ABER: Ich mußte es begründen. Und da ich nicht sagen wollte: „Ich mag sie nicht“ entschied ich mich für jedes 2. Wochenende. Und so kam es dazu, daß ich Dir einmal davon gelaufen bin, als Du mich zum Treffpunkt gebracht hast. Außerdem fand ich es nicht gut, daß ich wohin fahren mußte um von ihr abgeholt zu werden, nur damit sie sich erspart mich von zu Hause abzuholen. Und das Schlimmste war wie ich sogar mit dem Bus zu ihr aufs Land raus fahren mußte, weil sie keine Zeit oder Lust hatte mich abzuholen. Die Wochenenden  waren alles andere als ein Genuß. Das einzig angenehme war mein Halbbruder mit dem ich ab und zu was unternommen habe. Außerdem wurde ich von ihr und ihrem neuen Mann meist als dumm hingestellt – was mich so prägte, daß ich heute noch daran glaube.

 

Bis bald

Liebe Grüße

Bussi

Irene / Muckefuck

 

 

01.09.08

Lieber Vati!

 

Wahnsinn, diese Woche jährt sich Dein Abschied in die andere Welt bereits zum ersten Mal. Ein Jahr bis Du nicht mehr bei uns. Ein Jahr Schmerz für mich, denn Du fehlst mir immer noch und ich denke, das wird sich nicht ändern, auch wenn ich mit Dir rede, Deine Stimme fehlt mir und Deine körperliche Präsenz. Wo ist das Jahr hin? Wo bis Du hin?

 

Ich liebe Dich

Bussi

Irene / Muckefuck

 

23.06.08

Lieber Vati!

 

Was ich Dir heute erzähle, ist nichts was ich angestellt habe oder so. Es ist ein Ereignis von dem ich Dir nur nicht berichtet habe, obwohl ich immer mit Problemen zu Dir kommen konnte. Du hast sogar nächtens immer gewartet bis ich nach Hause kam. Und wenn ich einmal zu spät kam und Tränen in den Augen hatte, habe ich mich bei Dir ausweinen dürfen und die Schelte fürs Zuspätkommen gab’s erst am nächsten Tag. Aber dieses Ereignis habe ich niemandem erzählt. Ich war wieder einmal dort wo wir damals öfter Urlaub machten. Ich war mit Freundinnen in einem Lokal und dabei waren auch ein paar Jungs, welche die Mädels gut kannten (es war ja nur eine kleine Ortschaft, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen). Auf jeden Fall fragte mich einer beim allgemeinen Aufbruch, ob ich zwecks Weiterführung der Unterhaltung noch mit ihm in ein Kaffeehaus gehen würde, er bringe mich danach in meine Pension. Nachdem ich mich bei meiner Freundin über ihn erkundigt habe und von seinem Beruf erfuhr, gingen wir in besagte Lokalität, führten dort unsere Unterhaltung fort und er erzählte auch von seiner Verlobten. Anschließend brachte er mich wie versprochen zurück zu meiner Pension und geleitete mich ganz gentlelike zu meinem Zimmer. Doch auf einmal kannte er das Wort Nein nicht mehr. Nein, ich habe mich nicht körperlich gewehrt, da war dann meine Angst größeren Schaden zu nehmen zu groß. Ich erzählte niemanden davon, meine Schmach war zu groß. Ich verdrängte das Ereignis und lebte weiter, wie wenn nichts gewesen wär. Doch beim Unfall (ich habe Dir am 23.01.2008 davon geschrieben) wurde diese "Schublade" wieder geöffnet und die gesamte detaillierte Erinnerung überfiel mich wie eine Walze. Ich machte eine Therapie, bei der man mich auch auf die Möglichkeit hinwies, ich könne bis zu 3 Jahre nach Bewußtwerdens, Anzeige erstatten. Doch in Hinblick auf seinen Beruf, war die Angst zu groß, daß es auf Aussage gegen Aussage hinausläuft. Heute kann ich damit leben, denn ich habe (auch durch diverse Erfahrungen anderer Freundinnen) gelernt: (die meisten) Männer sind verlängerter Rücken Ausgänge.

 

Ich liebe Dich

Bussi

Irene / Muckefuck

 

03.06.08

Lieber Vati!

Morgen jährt sich der D-Day zum 64. Mal. Warum ich Dir das jetzt schreibe? Na weil Du dann auch Deinen 64. Geburtstag hast! Alles Gute! Es fällt mir schwer, Dich nicht besuchen oder anrufen zu können, aber wenigstens kann ich Dir ja „schreiben“ Das Universum ist groß und unergründlich, ich gehe davon aus, daß Du meine Briefe lesen kannst.

 

Alles Liebe

Bussi

Irene / Muckefuck

 

14.03.2008

 Lieber Vati!

 

Wenn Du wüsstest, was für ein Riesenloch zu hinterlassen hast. Bis Du von uns gingst, wusste ich wofür ich lebe. Aber jetzt? Ja es gibt Michi und seine Familie, aber das ist nicht das gleiche. Es ist eine Leere. Ein Loch. Ein Nichts. Ein Nada. Vor allem wird mir jetzt bewusst: Wenn ich auch sterbe und Michi vor mir geht, wer kümmert sich dann um meine Beisetzung? Wo kommen all meine Sachen hin – die für mich wertvollen Sachen von den Großeltern und von Dir? Auf den Müll? Fragen über Fragen. Noch immer viele Tränen. Ein Schmerz der wohl nie mehr versiegen wird. Das Loch, das nicht zu flicken ist. Du - eine für mich große Persönlichkeit hat mich verlassen. Einfach so. Ich vermisse Dich.

 

Bussi

Irene / Muckefuck

 

19.02.2008

Lieber Vati!

 

Jetzt kommt wieder einmal ein Geständnis. Das ist aber recht schwer, denn Du wirst sehr enttäuscht von mir sein. Erinnerst Du Dich noch an meine Berufsschulzeit? Ich war da ja jedes Jahr, 2 Monate im Internat, da die Schule am A… der Welt war. Und in der letzten Klasse habe ich Dir ja gesagt, dass ich die letzte Zeit vom Internat gehe und extern wohnen werde, da es für mich besser ist zu lernen, da ich nicht von den anderen so abgelenkt bin. Das war nicht so ganz richtig. Ja ich ging extern aber der Grund war eher doch ein anderer. Genauer gesagt (ich werde versuchen mich an den genauen Wortlaut des Internatleiters zu erinnern) meinte eben dieser zu mir, ich solle das Internat wegen meiner vielen Fehlverhalten freiwillig verlassen, da er sonst gezwungen wäre meinen Erziehungsberechtigten (Dich) und meinen Lehrbetrieb zu informieren und mich vom Internat verweisen müsste. (Fehlverhalten – die waren dort sehr streng. Sie sahen es als Fehlverhalten, wenn man trotz Ausgangverbots fort ging oder man fort ging und spät nachts über den Balkon wieder reinkletterte – die Eingangstüre war da ja schon versperrt. Andere Schüler sind beim „Aussteigen“ erwischt worden, ich beim „Einsteigen“ (beim „Aussteigen“ wurde ich zum Glück nie erwischt). Außerdem war der Erzieherin meine „Fahne“ nicht recht. Naja also wohnte ich erst bei einem Freund, den ich im Laufe der 2 Monate kennen lernte, bis der Vermieter des Freundes meines Freundes uns hinauswarf (weil der keine Untermieter duldete – derweil haben wir gar nichts bezahlt – aber er meinte aus feuerrechtlichen Gründen). Dann wohnte ich mit einer Freundin im Kellerraum der Kegelbahn. Mach Dir keine Sorgen um den Lärm, ich war nächtens eh nie daheim. Aber die Lehrabschlußprüfung habe ich ja dann doch noch mit einem 2er bestanden. Hab halt doch im Unterricht ein bissi aufgepasst. Michi hat mir gesagt, dass Du ihm gesagt hast, er soll auf mich aufpassen. Das tut er! Ehrenwort. Ich liebe und vermisse Dich!

 

Bussi

Irene /Muckefuck

 

31. Jänner 2008

Lieber Vati!                                                                                                                

 

Ich habe vergessen, Dir zu erzählen, wie genau das mit dem Unfall war. Also wir sind zu dritt (ein Bekannter, meine ehemalige beste Volksschulfreundin – Du erinnerst Dich sicher an sie und ich) nach einer kleinen Feier noch in eine Diskothek gefahren. Natürlich hat keiner von uns vorher Alkohol getrunken. Bei der Heimfahrt von der Disco war es nebelig und der Fahrer und ich versuchten immer genau der Straße entlang zu fahren. Was dann geschah wissen wir nicht genau. Es gibt zwei Möglichkeiten. Entweder, wir kamen von der Straße ab und fuhren gegen einen Baum (glaube ich eher nicht) oder der Baum sprang unvermittelt auf die Straße und lief uns ins Auto (halte ich für wahrscheinlicher). Ja dann kam nach etlicher Zeit ein Fahrzeug und alarmierte Feuerwehr, Polizei und Rettung. Blöderweise kollidierten Baum und Auto eher auf der Beifahrerseite – also bei mir und so musste man mich aus dem Fahrzeug schneiden. Schmerzen spürte ich in dem Moment keine, allerdings konnte ich meinen rechten Arm nicht spüren und dachte er sei „abgefallen“ und sagte ich den Herren der Feuerwehr, sie müssten auf ihn aufpassen, nicht dass ich ihn verliere. Es hat sich dann herausgestellt, dass er nicht am Abfallen war, sondern lediglich das Schlüsselbein gebrochen war und ich ihn darum nicht spürte. Ja und dann hatte ich noch eine Bänderüberdehnung oder so am linken Knöchel (wo sonst, der linke Knöchel kommt bei mir ja immer zum Handkuss) und eben diesen Darmabriss. Der Fahrer hatte einen Kiefer- und Jochbeinbruch und meine Freundin, die hinten saß – nichts. Und der Baum? Tja, der wurde gefällt. L. Heute habe ich nur mehr ein bisschen Schmerzen in der Schulter und eine 30 cm lange Narbe von oben nach unten am Bauch. Ist halt ein einmaliges Zeichen. So wie ich.

 

Bis bald

Bussi

Irene / Muckefuck

 

 

23.01.2008

Lieber Vati!                                                                                                                

Ich möchte jetzt anfangen, Dir Sachen zu erzählen, die ich vor Dir „geheim gehalten“ habe. Das erste – da hat Deine Ex-Frau mir gesagt, ich solle es Dir nicht erzählen, es könnte Dich zu sehr aufregen. Ich habe dummerweise auf sie gehört. Denn nachher, als ich mich doch aufraffen wollte um es Dir zu erzählen, war zu viel Zeit vergangen und Du hättest Dich gewundert, warum ich erst jetzt mit der Wahrheit rausrücke. Um was es geht? Damals, als man Dir sagte, ich hätte eine Blinddarmoperation – mh, ja stimmte mehr oder weniger. Ich hatte mit 2 Bekannten einen Autounfall und hatte unter andere schwere innere Verletzungen. Man musste vom Dünn- und Dickdarm je ein Stückchen entfernen, da er voneinander abgerissen war (man hat ja eh genug davon – so ein Stückchen fehlt nicht wirklich) dann hatte ich 3 Wochen darauf einen Darmverschluss und da nahm man den Blinddarm halt auch gleich mit raus (war wieder einmal so eine eingefädelte Sache Deiner Ex-Frau – wie konntest Du sie nur jemals heiraten? Aber auch gut, sonst gäbe es mich ja nicht und wir zwei hatten schöne Zeiten miteinander) Wußtest Du, dass der Blinddarm sogar eine Funktion hat? Er ist für das Immunsystem zuständig. Ist ja bei mir überhaupt nicht wichtig  *schwarzer Humor leuchtet durch* Naja, weitere Geheimnise werde ich Dir später mitteilen.

 

Bis bald

Bussi

Irene / Muckefuck

 

p.s.: Ich liebe und vermisse Dich

 

 

15.01.2008

Lieber Vati!

Dear Daddy!

 

Auch wenn Du diese Welt vor einiger Zeit verlassen hast. habe ich Dir doch immer wieder was zu sagen. Und welche Möglichkeit ist besser, als übers World Wilde Web? Zuerst muß ich Dir agen, dass ich sehr traurig bin, dass Du doch nicht mehr kämpfen wolltest, aber ich verstehe Dich. Ich denke, der / die Ärzte haben nicht alles gegeben um Dir zu helfen und es Dir angenehmer und schmerzfrei zu machen. Ich bin aber enttäuscht, dass Du Dich nicht an unseren Deal gehalten hast den wir 5 Tage vor Deinem Einschlafen getroffen haben. Ich hätte doch noch viele Fragen an Dich gehabt, deren Antworten nur DU hättest mir geben können. Bei Deiner Verabschiedung waren dann doch einige Leute, 2 kanntest Du nicht und eine die ich „eingeladen“ habe, hat sich überhaupt nicht gemeldet. Schade. Naja und Deiner Exfrau habe ich es gar nicht gesagt, auch wenn sie meine biologische Mutter ist, sie muß nicht alles wissen. Gelle? Wir zwei haben zusammen unser Leben gelebt, wir brauchen keine „Mutter“ oder „Frau“. Wir haben uns zu zweit durchgeboxt.  Zurzeit könnte ich Dich wieder einmal nicht besuchen. Auch wenn es für die Jahreszeit warm ist, meine Beine leben zurzeit wieder einmal ihr eigenes Leben. Naja, ich habe Dir noch viel zu sagen und zu erzählen, aber nicht alles auf einmal.

 

Bis bald

Bussi

Irene / Muckefuck

 

p.s.: Du fehlst mir jeden Tag


 

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2010 by oinki
zuletzt aktualisiert: Dienstag, 02 Februar 2010 14:59:28